Bis vor wenigen Jahren fotografierte ich, wie so viele auch, ausschliesslich im JPEG-Format. Das ist ein bekanntes und seit 1992 eingeführtes Format zur Bildverarbeitung und der digitalen Speicherung.
Quasi der Königsweg um schnell und komfortabel zu guten Bildern zu kommen. JPEGs sind sofort nach dem Aufnehmen zum Vorzeigen bereit und erlauben ein platzsparendes Ablegen in Alben oder Ordnern auf dem PC. Die Möglichkeiten zur Nachbearbeitung am PC sind zwar vielfältig und schnell, aber eingeschränkt. Insbesondere die Bearbeitung von Aufnahmen mit hohem Kontrasten ist alles andere als ideal und führt schnell zu Tonwertabrissen.
Die Signalverarbeitung moderner Digitalkameras wandelt das durch die Sensorpixel eingefangene Licht in ein farbiges oder schwarzweisses Bild um, entrauscht und komprimiert dieses und speichert es im JPEG-Format ab. Je nach Voreinstellung kann dabei, wie zB. bei den Fuji X-Modellen, das Bild mit unterschiedlichen Filmcharakteristiken wie Provia, Velvia oder Astia und weitere angezeigt und im JPEG-Format ausgegeben werden. Und wichtig in der schnelllebigen Zeit von digitalen und Social Medien: Das Bild kann sofort auf Plattformen hochgeladen und geteilt werden.


Das klassische Beispiel für hohe Kontraste: Der Sonnenuntergang, hier auf dem Signal Hill, Cape Town: JPEG aus Fuji X-E1 «out of camera» im Vergleich mit dessen Bearbeitung in Lightroom.
Dem gegenüber ist ein Bild aufgenommen als RAW (roh) zuerst einmal ein digitales «Negativ»: Das Bild wirkt am Bildschirm flau, dunkle Stellen sind «abgesoffen», Farben stimmen nicht und es ist als solches vorerst meist nicht zu gebrauchen. Das kommt daher, dass die Kamera bei RAW nur Blendenwert, Belichtungszeit und ISO-Wert speichert. Die bildbestimmenden Einstellungsparameter Weissabgleich, Höhen, Tiefen, Kontrast, Farbsättigung und Schärfung werden durch die Kamera beim Fotografieren nur für die Anzeige prozessiert, in der RAW-Datei aber nicht gespeichert. Die Umwandlung erfolgt erst später bei der Bearbeitung am PC durch den RAW-Konverter, in meinem Falle Adobe Lightroom v6. Durch dieses Vorgehen ergeben sich am PC maximale Nachbearbeitungs- und Gestaltungsmöglichkeiten; die Bildcharakteristik kann ohne Qualitätseinbusse deutlich verändert werden. Moderne RAW-Konverter stellen dazu viele Möglichkeiten, ergänzt durch Presets und Bearbeitungs-Tools von Dritten zur Verfügung. Besonders in hellen und dunklen Bildbereichen ermöglichen RAW-Dateien eine viel feinere Abstufungen der Helligkeitswerte als Bilder im JPEG-Format. JPEG bietet pro Farbkanal ja lediglich 256 (8-bit) Abstufungen, heutige RAW-Dateien hingegen bis zu 16.384 (bei 14-Bit).
Es sind diese vielfältigen Möglichkeiten in der Nachbearbeitung die mich reizen. Dabei geht es mir weniger darum Bilder künstlerisch zu verfremden; ich bevorzuge es ohnehin bei der gefühlten Stimmung des eingefangenen Bildes zu bleiben. Der Punkt ist, dass auf Reisen und vor allem bei der Tierfotografie die Bedingungen oft nicht ideal sind und es sehr oft keinen zweiten Versuch gibt. Oft bedingt durch ungünstige Lichtverhältnisse frühmorgens oder Abends, durch einen grossen Dynamikumfang zwischen hellster und dunkelster Stelle am Aufnahmeort. Oder schlicht bei suboptimalen Kameraeinstellungen bei Schnappschüssen. Hier hilft mir die Aufnahme im RAW-Format bzw. die Ausarbeitung im RAW-Konverter nachträglich ein «präsentables» Bild zur Weiterverwendung zu erhalten.


Sonnenuntergang auf dem Signal Hill, Cape Town: JPEG aus Fuji X-E1 «out of camera» vs. RAW konvertiert und bearbeitet in Lightroom. Die Unterschiede in der Bearbeitung von JPEG- (oben) und RAW-Datei sind deutlich zu erkennen.
Wo Licht ist ist auch Schatten. Das RAW-Format ist nicht genormt und wird herstellerspezifisch unterschiedlich implementiert. Der RAW-Konverter muss alle Informationen über verwendete Kameramodell und das Objektiv lesen und verarbeiten können. Das bedeutet in der Praxis häufige Updates des RAW-Konverters. Gewichtigster Nachteil ist aber der hohe Speicherverbrauch: RAW-Dateien sind nicht komprimiert. Eine RAW-Datei zum Beispiel meiner Fuji X-E1, hier als RAF-Format bezeichnet, kann bis 26,1 MB gross sein. Das gleiche Bild als JPEG liegt hingegen, je nach Bildinhalt in einem Bereich von 3,3 bis 3,8 MB, also lediglich 1/8 davon vor.
Mein Praxistipp: Häufig stelle ich die Kamera auf RAW + JPEG ein. So habe ich sofort ein JPEG-Bild das bei unkomplizierten Motiven sofort gezeigt und verwendet werden kann. RAW-Dateien hingegen kann ich verzögert und nur für Bilder die ich benötige, zum Beispiel für die Gestaltung eines Fotobuchs, ausarbeiten.
Vorteile des RAW-Formats im Vergleich zu JPEG
- Alle Bildinformationen werden unbearbeitet gespeichert, keine Komprimierung.
- Weissabgleich, Farbtemperatur, Belichtung und Kontrast können am PC verlustfrei korrigiert und angepasst werden.
- Bis 14-Bit Farbtiefe pro Farbkanal, weniger Tonwertabrisse und Artifakte.
- Bessere Korrektur von Über- und Unterbelichtung möglich, mehr Zeichnung in hellen und dunklen Partien.
- 2-3 Blenden grösserer Dynamikumfang.
- Bewusstes Überbelichten und Korrektur im RAW-Konverter für weniger Bildrauschen.
- Nachträgliches Verändern der Bildstimmung durch Presets oder kreatives Gestalten.
- Nachträgliches Anwenden von Filmsimulationen und Ausgabe als JPEG, nur bei Fuji X-Kameras.
Nachteile des RAW-Formats im Vergleich zu JPEG
- Viel grössere Dateien, mehr Speicherbedarf, benötigt mehr Speicherkarten zB. auf Reisen.
- Bild muss vor der Weitergabe nachträglich mit RAW-Konverter umgewandelt, «entwickelt» werden, mehr Zeitaufwand.
- Kleinere JPEG-Files sind, da kleiner, per WLAN einfacher zu übertragen.
- Abhängig vom Kameramodell sinkt die Anzahl der möglichen Serienbilder.
- Low-end Kameras verfügen meist über über keine Option RAW.
- Eine RAW-Datei kann nicht direkt in ein Fotobuch übernommen werden, diese verlangen Dateien im JPEG-Format.
Interessant zu Lesen:
Wikipedia, Rohdatenformat (Fotografie)
RAW Exchange, 8-Bit vs 16.Bit – Welche Farbtiefe soll ich verwenden?
Com! Professional Magazin, Das RAW-JPEG-Dilemma
FotobuchBerater.de, Was bringt eigentlich das RAW-Format für Fotobücher?
Für ein solches Bild nimmt man natürlich auch keine Astia-jpeg-Simulation. Ehe man darüber schreibt, sollte man sich sehr gut zu den vielfältigen Möglichkeiten der Fujifilm jpeg Filmsimulationen auskennen.
Beschäftige dich damit, dann noch ein Test und das Resultat wird komplett anders ausfallen.
Lieber Namenloser
Danke für die Anregung! Die gewählte Filmsimulation ASTIA hat nichts mit JPEG bzw. RAW-Fotografie zu tun. Beim gezeigten Beispiel ging es darum anhand eines bearbeiteten JPEGs und einer RAW-Entwicklung die Möglichkeiten der letzteren aufzuzeigen und darzulegen warum ich im RAW-Format fotografiere. Dafür hätte ich auch eine der Schwarzweiss-Simulationen nutzen können.
Zu ASTIA schreibt Rico Pfirstinger in seinem Buch «Fuji X Secrets» von 2020 treffend: «ASTIA ist ein weiteres Farbdiafilm-Deriviat mit weicheren Lichtern und angenehmen Hauttönen. Es wird häufig für Porträts verwendet, funktioniert aber auch bei Landschaftsaufnahmen mit Vegetation und blauem Himmel.» Die gleiche Aussage findet sich auch in der Bedienungsanleitung der X-E1 auf Seite 51 wieder, die ich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Blog-Beitrags im Juni 2015 benutzte.
Freundlichen Grüsse Walter