Soll ich wieder Analog fotografieren? Also wieder Film in die Kamera einlegen, 24 oder 36 Bilder belichten, den Film zurück spulen, entwickeln und Abzüge herstellen lassen? Gar wieder selber entwickeln, mit Lösungen und Papieren hantieren, in der Dunkelkammer abwedeln und nachbelichten, stundenlang Versuche für das beste Ergebnis machen? Anschaffen was alles dazu gehört? Und Ganz wichtig: Wie kriege ich analoge Fotografie unter einen Hut mit meiner digitalen Archivierung in Lightroom?
Als ich 1964 mit der Fotografie begann war die Welt noch in Ordnung. Sucherkamera- und Rangefinder-Designs prägten das Bild; Spiegelreflexkameras im Kleinbildformat kamen gerade auf den Markt. Die Presse war mit zweiäugigen Spiegelreflexkameras von Rollei, Mamiya, Yashica und anderen unterwegs. Auch Fujifilm war damals schon mit dabei. Blitzlicht lieferten Einweg-Blitzbirnen in Streifen- oder Würfelform. Filme gab es reichlich und für jeden Anwendungszweck: Von Kodak, Fujifilm, Agfa, Ilford, Ferrania, vielen No Names und noch mehr Hausmarken. Als Schwarzweiss-, Negativ- oder Umkehr-Film (Diafilm).
Für Geschichtsbewusste: Die deutsche Kameraindustrie mit ihren Traditionsmarken Zeiss Ikon, Voigtländer, Agfa, Leitz und mehr befand sich wegen Fehlentscheidungen und Misswirtschaft in vollem Niedergang. Gut erinnere ich mich an die Zeitungsnachricht von 1972, in der die endgültige Schliessung des Zeiss Ikon Werkes in Stuttgart öffentlich wurde. Unter anderen verschwand damit auch der Name «Contax» für Jahre vom Markt.
Soll ich wieder Analog fotografieren?
Zurück zur Eingangsfrage: Ja ich habe wieder angefangen Analog zu fotografieren und im September versuchsweise zwei Filme Fujifilm Superia 200 ausprobiert. Darüber habe ich in diesem Blogbeitrag berichtet. Die Ergebnisse waren ermutigend und die entspannte Vorgehensweise beim Fotografieren hat mein Vorhaben befeuert. In diesem Beitrag stelle ich nun einige Bildmotive einander vergleichend gegenüber: Aufgenommen mit meiner Digitalkamera Fuji X-E1 und meiner analogen Contax S2 und Kodak Portra 400 Film. An beiden Gehäusen wurde dazu jeweils das selbe Contax-Objektiv verwendet.
Digital ist besser!
Die noch vor wenigen Jahren genannten Vorteile des analogen Films haben sich zwischenzeitlich in Luft aufgelöst. Die Diskussion ist beendet. Bezüglich Bildqualität und Auflösung von Bilddetails hat die Digitalkamera unbestritten die Nase vorn. Die Fortschritte in den letzten Jahren sind eindrucksvoll. Der Dynamikumfang – hoher Detailreichtum auch in besonders dunklen oder hellen Bereichen – konnte nochmals erhöht und das Rauschen weiter gesenkt werden. Die Ergebnisse einer Nikon D810, einer Canon EOS 5D III oder einer Sony A7 II sind jedem analogen Kleinbild überlegen und können auch gegen das analoge Mittelformat bestehen.
Das gilt auch die neu angekündigte Fuji X-Pro2 mit ihren internen Film-Simulations-Modi und den kreativen Filtereffekten, ISO bis 51 200 und elektronischem Verschluss. Hinzu kommen Panorama-Funktionen, die gestalterischen Möglichkeiten der In-Camera-RAW-Entwicklung, elektronischer Verschluss, Video, Wi-Fi, und und und … Abschliessend: Billiger und schneller ist die Digital-Fotografie auch noch.
Trotzdem Analog fotografieren!
Dennoch gibt es gute Gründe zwischendurch analog zu fotografieren: Es geht dabei entschleunigt und entspannter zu. Man drückt nicht einfach den Auslöser, schaut auf das Ergebnis und macht eine Korrekturaufnahme. Zur Sicherheit möglichst eine ganze Serie. Der bewusste Umgang mit einem Bildmotiv, die Wahl von Abstand und Ausschnitt, die Festlegung von Blende und Verschlusszeit ist ein Ablauf der zur Sorgfalt nötigt. Es ist quasi eine Rückkehr zum Ursprung der heutigen Fotografie. Ohne Hetze, ohne Stress. Denn bei der Analog-Fotografie dreht sich alles um die Fotografie an sich, Technik braucht es wenig und ist untergeordnet. Nicht Features und Zubehör-Gadgets stehen im Vordergrund sondern fotografisches Wissen und Können. Es bleibt deshalb mehr Zeit für das Fotografieren, ich möchte es gar Kunst nennen. Aber auch Mediation und – ich gebe es gerne zu – ein bisschen Nostalgie.
Die Dunkelkammer aber tue ich mir vorerst nicht an und arbeite hybrid. Die Filme lasse ich bei einem Dienstleister entwickeln und die Negative anschliessend im JPEG-Format scannen. Die Lieferung der Bild-Dateien erfolgt mit Download-Link und Import in Lightroom. Dort stehen sie für die Weiterverwendung digital zur Verfügung.
Alle Aufnahmen mit Fuji X-E1 und Contax S2. Objektive Carl Zeiss Contax Distagon 2.8/28 mm, Distagon 2.8/35 mm und Sonnar 2.8/85mm. An der Fuji X-E1 mit Metabones Speedbooster Ultra adaptiert, mit Nachbearbeitung in Lightroom. Analog-Aufnahmen auf Kodak Portra 400 mit Entwicklung im C41-Prozess durch meinfilmlab.de.
Vergleiche Analog zu Digital