Das war so nicht geplant: Ich spazierte an einem schönen Sommertag 1980 über den Flohmarkt am Bürkliplatz in Zürich. Bei einem Trödler lag sie auf Tuch und wartete darauf, einen neuen Besitzer zu finden. Rückblickend: Der war ich. Ich ging an diesem Tag zufällig und planlos von Stand zu Stand, ohne Kaufabsicht und besichtigte den ausgestellten Trödel. Schliesslich aus einer Laune heraus ein schneller Spontankauf: Eine gebrauchte, doppeläugige Yashica Mat-124G für den damals noch weit verbreiteten Rollfilm mit dem Negativformat 6 x 6 cm. Inklusive schwarzer Ledertasche, einer Gegenlichtblende und ein Set Farbfilter, alles von Yashica.
Sie stach mir mit ihrem ungewohnten Äusserem und Abmessungen sofort in die Augen. Auch das «professionelle» Format mit 110-er und 120-er-Rollfilm reizte mich. Die damaligen Hasselblads, Mamiya`s und Rolleiflex waren für mich unerschwinglich. Zumal ich meine Konica Autoreflex T3-Ausrüstung bei guter Gelegenheit in eine Contax mit Objektiven von Carl Zeiss umtauschen wollte. So kam mir die Yashica Mat-124G gerade recht um den versuchsweisen Einstieg in das «Mittelformat» zu wagen.
Analoge Fotografie: Yashica Mat-124G in neuem Glanz
Einige Jahre nutzte ich nun regelmässig das quadratische Format und fotografierte mit Ilford Schwarzweissfilm, Kodakcolor Negativfilm und Kodak Ektachrome Diafilm; letztere entwickelt durch Studio13. Bis schliesslich für unsere Amerikareisen die neu angeschaffte Contax Kamera MD 137 mit Kleinbild-Diafilm obsiegte und die Yashica Mat-124G mehr und mehr ein Schattendasein fristete. Die für den Belichtungsmesser benötigte 1,3V Mallory Mercury PX-13B Batterien wurden zwischenzeitlich aus Umweltschutzgründen aus dem Handel genommen und waren nicht mehr zu bekommen. So scheiterten an dieser Hürde alle gelegentlichen Versuche die Yashica Mat-124G wieder zu verwenden. Negative und Dias von diesen Aktivitäten besitze ich im Übrigen bis zum Herbst 1980 zurück; Teile unseres Hausbaus sind mit Iford Pan F dokumentiert.
Es folgten Jahre des Tiefschlafs bis ich im Sommer 2015 die Yashica Mat-124G wieder aus dem Schrank hervor holte. Mechanisch schien sie in Ordnung zu sein. Allerdings liess sich das Batteriefach wegen Korrosion nicht mehr öffnen und der Belichtungsmesser war offensichtlich defekt. Was nun? Da das Fotografieren mit Analogfilm mittlerweile wieder im Trend liegt wollte ich unbedingt das analoge Fotografieren mit Rollfilm wieder probieren. Im Kleinbildformat habe ich dies ja mit guten Ergebnissen schon getan.
Also brachte ich die Kamera zu Claudio Fabio von Classic Camera Repair und liess mir einen Kostenvoranschlag für Reparatur und Überholung machen. In der Folge verbrachte die Kamera mehrere Monate in seiner Werkstatt bis es zeitlich passte. Gehäuse, Spiegelkasten, Linsen und Verschluss wurden gründlich gereinigt, der Belichtungsmesser repariert und auf Alkali-Mangan-Batterien (EPX625G, V625U, PX625A, IEC LR9) umgestellt, zum Abschluss neu geeicht. Die zerbröselten Dichtungen der Rückwand wurden ersetzt, der Verschluss justiert, die Verschlusszeiten gemessen und alle Funktionen kontrolliert. Damit ist meine Yashica Mat-G124 wieder voll funktionsfähig und wartet auf einen erneuten Einsatz. Den erforderlichen Negativfilm habe ich bereits eingekauft: Je einige Rollen Kodak Portra 400 und Fujicolor Pro 160 NS versprechen einige Stunden Spass und hoffentlich schöne Bilder.
Die Letzte ihrer Zeit
Die Yashica Mat-124G wurde von 1970 bis 1986 als letzte zweiäugige Spiegelreflexkamera (TLR, Twin Lens Reflex) von Yashica produziert. Obwohl das Äusserliche zum Zeitpunkt des Erscheinens schon veraltet war erwies sich die Yashica Mat-124G als Erfolg. Sie verfügt über ein 80mm / F3,5 Aufnahmeobjektiv «Yashinon» mit vier Linsenelementen und Blenden von 3.5 – 32. Die Fokussierung erfolgt über eine Mattscheibe, wahlweise noch mit 3-fach Lupe und Sportfinder. Der Copal-Verschluss erlaubt Verschlusszeiten von 1 bis 1/500 Sekunden sowie B. Die Belichtungsmessung erfolgt über den gekoppelten Belichtungsmesser mit Nadelanzeige. Die Yashica Mat-124G kann wahlweise 120-er oder 220-er Rollfilm aufnehmen.
Sie ist im Grunde eine Kopie der Rolleiflex und nach demselben Prinzip gebaut: Als zweiäugige Mittelformatkamera mit Lichtschacht und fest eingebautem Objektiv. Dank der einfachen Bedienung, der guten Bauqualität war sie sehr geschätzt und galt lange Jahre als Einstiegsmodell für das Mittelformat. Das «Yashinon» fällt optisch gegenüber der Rolleiflex zwar etwas ab; kann aber mit der Rolleicord V gut mithalten und liefert insgesamt sehr gute Ergebnisse, vorallem wenn auf F8 – 16 abgeblendet wird.
Review von Matt Day auf youtube.com