Es ist Samstagabend und ich bin endlich auf den Lofoten angekommen. 36 Stunden, inklusive einer Übernachtung in Bodo, bin ich nun schon unterwegs. Die letzten vier Stunden davon mit dem Hurtigruten-Postschiff «Trollfjord» zur Anlegestelle in Stamsund unterwegs. Mit mir Hans aus Berlin, den ich auf dem Schiff kennen gelernt habe, und der für die nächsten Tage mein Zimmernachbarn sein wird.
Zu sechst haben wir uns für sechs Tage Masterclass «Nordische Momente» mit Michael Schaake und Martin Hülle auf den Lofoten eingeschrieben. Für Unterkunft, Frühstück und Abendessen sorgt die charmante Gastgeberin Anna Gerd mit ihrem gemütlichen Lofoten Guesthouse, zwischen Stamsund und Leknes gelegen.
leider zunehmend weniger
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Schnell wird uns klar, dass wir nicht die einzigen Besucher auf den Lofoten sind. Die Inselgruppe zählt bei gerade einmal 25 000 Bewohnern jährlich rund eine Million Besucher. «In den Monaten Januar und Februar machen Chinesen in Reine, einem unserer landschaftlich spektakulärsten Dörfer, die Hälfte der Besucher aus». Wir können dem Trubel zum Glück ausweichen, haben Michael und Martin in den vergangen Tagen doch einige ruhige und fotografisch interessant gelegene Plätze für uns gesucht und gefunden.
Von Haukland über den Uttakleivveien, einem schmalen Weg über einen kleinen Pass an den Uttakleiv-Strand, treffen wir am Sonntag nur Einheimische. Bei den Fischerdörfern Vareid und Nusfjord sind wir ungestört, bei der Schneeschuh-Wanderung auf den Bulitinden legen wir gar neue Spuren in den Schnee und fahren anschliessend zum Sonnenuntergang nach Steine. Am Strand von Flakstand zeigen sich erstmals mehr Besucher, vor allem aus Asien, darunter ein Fotograf mit Grossformat-Kamera und einem 100 Megapix Rückteil. Verrückt; was für ein Materialeinsatz!
Überhaupt reisen die asiatischen Fotografen mit grossem Equipment vom feinsten an. In Hamnoya belagern sie die Brücke bis zur Mitte hoch; richtig eng wird es später in Reine: Um die hundert Fotografen stehen auf dem hölzernen Boardwalk hinter ihren Stativen, verteidigen ihren Standort und warten auf die magische «Blaue Stunde», die Zeit nach dem Sonnenuntergang. In einer kleinen Bucht nahe Leknes mit dem Offenseykammen im Hintergrund hingegen sind wir wieder völlig ungestört. Auch am Unstand Strand finden sind nur wenige Besucher ein.
Auf der Besucher-Agenda ganz weit oben
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Das in vielen spontanen Mustern am Himmel tanzende Polarlicht bezaubert jeden Betrachter. Die Lofoten bieten dafür eine schöne Naturkulisse und im Winter rege Nordlicht-Aktivitäten. Die magischen Lichtspiele am Firmament locken immer auf neue Fotografen aus aller Welt zur kältesten Jahreszeit auf die Lofoten. Jeder hofft, sie zu sehen und für sich festzuhalten. Leider gibt es keine Garantie: Wolkenfreier Himmel und genügend starke Aktivität der Sonnenwinde sind die Voraussetzungen dafür und leider nicht planbar. Nicht selten bleibt es bei der lapidaren Feststellung «ausser eisiger Kälte und Spesen nichts gewesen». Da hatten wir gleich zweimal Glück und rückten spät abends zum «Uttavlei» aus. Und fingen ganz grosses Kino am Himmel ein.
Eine Überraschung für mich: Die Bilder im Internet zeigen grüngelbe Polarlichter, manchmal mit Anteilen an Pink-Tönen. In der Realität verläuft das Spektakel für das menschliche Auge aber eher farblos, mit Anreicherung von leichtem Blau- und Pink-Tönen. Bei genügend Licht durch den Mond können Boden und Hintergrund auch in leichtem Grün erscheinen.
Die Farbe hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab, allen voran von der Stärke der Lichter, vom Mondlicht, dem sonstigen Umgebungslicht und nicht zuletzt von den Augen des Betrachters selber. Der Kamerasensor hingegen ist in der Dunkelheit weitaus farbempfindlicher als das menschliche Auge und kann Dinge festhalten, die uns völlig verborgen bleiben. Deshalb die grüngelben Bilder. Das Schönste am Polarlicht aber ist, dieses Naturschauspiel mit eigenen Augen zu erleben und geniessen.
Aufnahmen mit Fuji X-Pro2, dem Objektiv XF16-55 mm und dem Lee Filtersystem. Polarlichter mit dem XF16.
Quellen:
Wikipedia
NZZ vom 8. Mai 2017