Ich habe ich es getan: Habe mir Ende November bei Serif online die nagelneue Publishing-Software Affinity Publisher erstanden. Für mich mit Risiken bei der Handhabung und bei der Einarbeitung wie ich erfahren musste. Mit ungewohnt flacher Lernkurve und einem geänderten Workflow. Ungewiss auch, wie ich mich am besten auto-didaktisch einarbeiten kann. Ausser einer recht guten Online-Hilfe in Deutsch, den englisch-sprachigen Videos des Herstellers und seinem User-Forum gab es keine weitere Hilfe. Suchanfragen im Internet zur Nutzung nutzlos – welch ein Wortspiel :-)), aber so treffend. Das einzige am Markt verfügbare Buch in Satz und Bild etwas lieblos gestaltet und wenig ansprechend.
Das alles habe ich überwunden: Mein erstes Fotobuch mit 60 Doppelseiten habe ich erfolgreich mit dem Affinity Publisher gestaltet und als Druck-PDF ausgegeben. Produziert durch Saal-Digital wurde es mir vor einigen Tagen vom Paket-Lieferdienst der Swiss Post übergeben. Für mich war das ein Moment stiller Freude und Genugtuung es geschafft zu haben.
Wer mich kennt weiss, dass ich von meinen Reisen oft und gerne ein Fotobuch erstelle. Je nach Anlass mit grosszügigem Layout und mit grossformatigen Bildern und Doppel-Spreads. Oder als Erinnerung an Reisen; dann betitelt als «Reisenotizen» mit Bildern und längerem Textteil.
Für die Erstellung eines solchen Fotobuchs investiere ich viel Zeit und möchte dabei mit Designtools arbeiten die Spass machen und Freude bereiten, mir die Arbeit erleichtern und die Umsetzung meiner Ideen unterstützen. Leider fiel eines der besten Layout-Programme am Markt überhaupt durch die Einführung eines Abo-Modells mit hohen monatlichen Mietkosten sang- und klanglos aus meiner Wahl.
So änderte ich im Herbst 2016 meinen Workflow und stieg auf die damals einzige wirkliche Alternative, die Open-Source-Software «Scribus» um. Eine Publishing-Software mit ähnlichem Umfang wie Adobes Indesign aber sehr gewöhnungsbedürftiger GUI. Insbesondere das Texthandling in einem separaten Fenster war wenig intuitiv; das Wechseln der Ebenen über ein Dropdown-Menü mühsam und leicht zu vergessen. Das Ändern von Objekt-Eigenschaften in einem weiteren Fenster mit wiederum eigenen Auswahlen umständlich. Programmabstürze nicht selten und unvermeidlich. Trotz aller Unzulänglichkeiten entstanden mit diesem Programm eine ganze Reihe Fotobücher, beginnend mit der «Alaska-Trilogie» über die ich hier geschrieben habe. Auch die Fotobücher zu meinen Reisen und Workshops in nordische Länder sind damit enstanden.
Dann kam von Serif im Juni 2019 die Ankündigung von Affinity Publisher als drittes Programm neben Affinity Designer und Affinity Photo. Ich war elektrisiert: Mit letzterem erledige ich schon länger Teile meiner Bildbearbeitung. Ich kannte also Serif bereits und traue dieser Firma einiges zu. Nämlich eine moderne intuitiv zu bedienende App zu programmieren, die alles für die Gestaltung eines schönen Fotobuchs und Ausgabemöglichkeiten für den Druck und Belichter bietet.
mit leistungsfähigen Werkzeugen, Toolbars und Panels
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Ich will hier keine Software-Beschreibung anführen, die lässt sich nachlesen: Der Marketing-Sprech beginnt hier. Die vollständigen technischen Daten finden sich hier. Auch kein weiteres Review schreiben – doch auf einige wichtige Funktionalitäten hinweisen die aus meiner Sicht für die Erstellung eines Fotobuchs wichtig sind. Auch im Vergleich zu meinen Erfahrungen mit «Scribus» gibt es einiges zu erwähnen was mir besonders gefallen hat.
1. Affinity Publisher ist schnell – und zwar richtig schnell. Blättern und Zoomen erfolgt mit 60 fps, Bearbeitungsschritte an Objekten oder Änderungen geschehen in Echtzeit. Das Scrollen erfolgt unglaublich schnell – sowohl in der Vorschau als auch in der Bearbeitungsansicht. Wohl dank 64-Bit-Software und der Grafik-Beschleunigung meines iMac. Ich fühle mich in einer anderen Welt im Vergleich mit bisher.
2. Freude habe ich an der modernen, übersichtlichen Arbeitsfläche mit der ständigen Darstellung der Masterseiten und der Seiten als Miniaturen auf der linken Seite. Dies erlaubt ein schnelles Navigieren im Fotobuch; mit raschem Umsortieren der Seiten oder Zuweisung von Masterseiten per Drag und Drop. Rechts finde ich alle Reiter für Ebenen, Zeichen, Absatz und Stilen. Oben die üblichen Icons für Ansicht, Fontwahl und Zeichen- / Absatz-Formattierung.
3. Die umfassende Kompatibilität beim Importieren und Exportieren aller gängiger Raster- und Vektorformate, inklusive PSDs mit mehreren Ebenen sowie PDF- und EPS-Formate ist mustergültig. Dazu der Adobe IDML-Support. Hervorheben möchte ich die Ausgabe als Druck-PDF mit vielen Einstellmöglichkeiten; geeignet für den direkten Upload zum Fotobuch-Dienstleister ohne weitere Zwischenschritte. Ein kleiner Minuspunkt: Wünschen würde ich mir hier eine zusätzlich Option für eine Optimierung der Dateigrösse, wie sie zum Beispiel Adobe Acrobat anbietet. Dadurch liesse sich die Upload-Zeit deutlich verkürzen.
4. Während der Fotobuch-Gestaltung sehr nützlich war der rasche Zugang zur Bildbearbeitung via Studiolink zu Affinity Photo. Für kleine Anpassungen und Korrekturen finde ich dies ein extrem bequemes Vorgehen. In Photo zu editieren ohne dabei den Publisher zu verlassen hat schon was.
5. Sehr hilfreich fand ich die Echtzeit-Überprüfung im Panel Checkliste vor Erstellung des Druck-PDFs. In diesem konfigurierbaren Panel wird eine vollständige Liste aller Warnungen und Fehler zu gefundenen Problemen im Klartext angezeigt: Rechtschreibfehler, Textüberläufe in Rahmen, Probleme mit dem Anschnitt, Bilder mit zu geringer Auflösung, fehlende Bilder oder Schriften. In Klartext mit Seitenangabe fand ich diese Funktion echt toll.
6. Gefallen hat mir ganz besonders: Ein von mir 2004 in Corel Draw erstellter, komplex aufgebauter Stammbaum im A3-Format als SVG-Datei, mit rund 250 individuellen Grafik-, Text- und Bildelementen liess sich auf Anhieb fehlerlos öffnen. Was Photoshop CC 2020 nicht zustande brachte :-)).
mit professioneller PDF-Ausgabe
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Affinity Publisher in der Version 1.8.3 zeigt sich mir in Summe als eine unglaublich flüssige, intuitive und attraktive App. Die mir bei der Gestaltung meiner Fotobücher hilft Bilder, Texte oder Grafiken einfach zu kombinieren, die zu gefälligen, einheitlichen Layouts führen. Da hilft entscheidend die einfache Anwendung von Musterseiten.
Das Serif hier wohl den richtigen Ansatz verfolgt zeigt die Wahl von Affinity Publisher zur Mac App des Jahres 2019. Die übrigens auch Affinity Photo schon 2015 erhielt.
Hier schliesst sich der Kreis zum Textbeginn. Ich habe die Schwierigkeiten überwunden, ein erstes damit erstelltes Fotobuch in den Händen und ein zweites im Layout fertig. Und das Beste: Ich bezahle keine Abo-Gebühren! Ich kaufte den Affinity Publisher als Download und bezahlte einmalig CHF 34.-. Dafür kriege ich noch freie Updates bis zum nächsten Master-Update. Ein guter Deal für mich. Genau wie seinerzeit beim Erwerb von Affinity Photo.
Ohne geht es heute ja nicht! Deshalb mein Disclaimer: Der Text basiert auf meiner eigenen Beurteilung, beruhend auf meinen Erfahrungen. Es besteht keine Verbindung zu Serif, noch werde ich von diesem Unternehmen unterstützt.
Bilder Affinity Publisher als Screenshots, Musterseiten Fotobuch aufgenommen mit iPhone X.
Für Interessierte noch etwas Lesestoff:
Hallo Walter
Spannender Beitrag, da ich auch jeweils bei Saal-Digital bestelle und mir nun überlege, vom teuren Adobe-Abo auf Affinity umzusteigen. Hast du für dein Fotobuch die PDF-Export-Optionen wie im Screenshot oben gewählt? Oder was hast du eingestellt? Saal-Digital gibt ja leider nur für InDesign die Einstellungen an.
Liebe Grüsse
Angela
Hallo Angela
Das gezeigte Bild ist für ein PDF zum Betrachten am Bildschirm gedacht. Für den Druck musst du eine der beiden Varianten für Druck wählen, dann kommen die richtigen Einstellungen. Hyperlinks und Lesezeichen werden abgewählt, ebenso der Anschnittbereich. Hier vor dem Absenden an Saal unbedingt Abmessungen überprüfen. Druckmarken auch abwählen. Saal verlangt mE. nach, dass im PDF keine Transparenzen haben dürfen; ob das noch aktuell ist weiss ich leider nicht. Ich habe mit dem Publisher inzwischen mehrere Bücher mit bis zu 340 bzw. 396 Seiten produziert. Allerdings wegen der Seitenzahl nicht mehr bei Saal. Die PDF-Erstellung bewerte ich als unkritisch und ich hatte noch nie Problemen dabei.
En liebä Gruess Walter
Hallo Walter,
wo lässt du denn Fotobücher mit 396 Seiten drucken?
Hallo Stefan
Das Buch im Beitrag oben wurde bei Saal Digital gedruckt. Mein Fotobuch mit 396 Seiten hingegen wurde bei bookfactory.ch gedruckt. Liefern zurzeit leider nicht nach Deutschland.
En liebä Gruess Walter
lieber Walter, hast du vielleicht dieses Tutorial der Uni Zürich, bei deinem Link gibt es diese 48 seitige Publikation nicht mehr. Könntest du mir diese auch zusenden, vielleicht? Das wäre super….Noch eine Frage: wirst du auf Affinity Publisher Version 2 umsteigen oder nicht? Ich bin unsicher.
Liebe Grüsse, Brigitte
Hallo Brigitte
Die Uni hat das Tutorial leider vom Netz genommen, ich sende es an deine Email-Adresse. Für weiterführende Literatur gibt es übrigens im Rheinwerk Verlag ein schönes Buch dazu.
Jja, ich steige auf Version 2 um. Der Grund dafür ist, dass ich bei Software aus Prinzip up-to-date bleiben möchte. Funktional nötig ist es nicht. Ich habe mit der Version 1 bereits zwei Fotobücher mit 396 bzw. 340 Seiten fertig gestellt. Das ging mit dem bisherigen Leistungsumfang problemlos. Bei Version 2 gefällt mir aber das Style Picker Tool und das neue Layer Panel sehr gut.
Viele Grüsse Walter
Hallo Walter,
fand Deinen Beitrag sehr spannend, habe mir jetzt mal das Programm besorgt. Aber an die Anleitung der Uni-Zürich komme ich irgendwie nicht ran. Könntest Du sie mir vielleicht freundlicher Weise mailen?
Herzliche Grüße
Dieter
Hallo Dieter
So wie der Link heute aussieht ist die Anleitung neu hinter einem Login (OLAT) verborgen, dafür wurden neu Links zu Hersteller-Videos eingefügt. Das PDF der Kurzanleitung schicke ich dir per Email. In der Zwischenzeit sind beim Rheinwerk-Verlag zwei neue Bücher zum Affintiy Publisher erschienen: Ein praktischer Einstieg mit 314 Seiten bzw. ein umfassendes Handbuch mit 623 Seiten.