Eine fotografische Tour de Suisse – auf den ersten Blick eine verrückte Idee, oder doch mehr? Der Anbieter Photomundo hat sich diese mehrtägige Fotoreise ausgedacht. Und so toure ich mit neun begeisterten Fotografen und Fotografinnen und den Foto-Guides Philipp und Renato zu Foto-Spots der östlichen Schweiz. Allerdings nicht auf einem High-Tech-Rennrad wie jeweils sommers die Radrennfahrer auf ihrer jährlichen Tour de Suisse Rundfahrt. Sondern immerfort plaudernd im bequemen Mercedes Van unterwegs – immer auf der Suche nach aussergewöhnlichen Aufnahmen.
«Es braucht nicht das Ausland, um vielfältige, abwechslungsreiche und traumhafte Landschaften zu bestaunen, und in unserem Fall zu fotografieren. Wir nehmen Dich mit zu Sonnenaufgängen über glitzernde Seen, zelebrieren das fotografische Handwerk in der blauen Stunde und lassen uns von der Landschaft und Dörfern zu aussergewöhnlichen Bildern hinreissen». So wirbt Photomundo als Veranstalter auf Ihrer Webseite. Und legt gleich noch nach: «Essen, Geselligkeit, Austausch und Natur: Genuss steht an erster Stelle. Es gibt keinen vernünftigen Grund auf diese «Swissness» Fotoreise zu verzichten, ausser die Begrenzung der Teilnehmerzahl». Schön, ich bin dabei!
Wir starten in Appenzell, nach etwas Theorie steht ein Streifzug durch die abendliche Altstadt an. Aufkommender Regen inbegriffen. Als Landschaft-Fotograf tue ich mich schwer, habe Mühe interessante Motive zu finden und zu «sehen».
Frühmorgens am zweiten Tag laufen wir vom Berggasthaus Scheidegg aus entlang dem Sönderlibach zur Ahorn-Kapelle von 1895 hoch. Um 06:15 sind wir da und warten auf die Sonne. Leider vergebens, es regnet in Strömen und es klart erst später etwas auf. Unverdrossen gehen wir die erste Aufgabe der heutigen Etappe der Tour de Suisse an. Willkommene Abwechslung bringt der Bauer, der seine Kühe auf die nasse Wiese treibt; ein gelungenes Kuh-Portrait ist so praktisch garantiert.
Der Obersee im Glarnerland ist unser nächstes Ziel. Den Abend und den nächsten Morgen verbringen wir an seinem Ufer, verfolgen mit der Kamera den Sonnenuntergang und ab sechs Uhr früh das Erwachen des neuen Tags. Wieder bin ich ganz schön zeitig aufgestanden 😬😬😬. Nach dem Frühstück verschiebt sich der kleine Tross auf seiner Tour de Suisse weiter nach Bergün im Albula-Tal, an der Albula-Passstrasse und an der Albula-Linie der Rhätischen Bahn. Bergün ist ein typisches Strassendorf; zu beiden Seiten der ansteigenden Hauptstrasse reihen sich Häuser im Engadiner Stil aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, mit Sgraffito-Fassadenmalereien, Erkern und Fenstergittern. Eben diesen Häusern widme ich den heutigen Nachmittag.
Zum Abschluss des dritten Tags stehe ich auf der kleinen Plattform Nord etwas überhöht über dem Landwasser-Viadukt mit einmaligem Blick auf die Schienen der Rhätischen Bahn. Die Eisenbahnbrücke mit sechs Bögen aus dunklem Kalkstein ist 65 Meter hoch und 136 Meter lang und gilt als das Wahrzeichen der Bahngesellschaft. Rund 22 000 Züge überqueren pro Jahr den Viadukt; die bergfahrenden verschwinden im angrenzenden Tunnel. Seit 2008 gehört der Landwasser-Viadukt zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Was ist das Besondere an dieser Tour de Suisse? Ganz einfach: So macht das fotografische Weiterbilden Spass. Die beiden Foto-Guides stehen individuell zur Verfügung, schauen mir beim Fotografieren über die Schultern und geben mir passgenaue Tipps für ein perfektes Bild. Ganz wichtig für mich ist, dass gemeinsames Erleben und die Freude am Fotografieren im Vordergrund stehen.
Der für mich letzte Tag dieser Fotoreise führt zum Sonnenaufgang an den Lai da Palpuogna, einem der schönsten Schweizer Seen bei Preda. Nach dem Frühstück ist für mich vorzeitig Schluss und ich verlasse die Tour de Suisse. Später wird man einen Virusbefall der Atemwege diagnostizieren – zum Glück keine COVID-19-Erkrankung. Zurück bleiben einzigartige Fotoerlebnisse, viele schöne Stunden und eine Menge Spass.
Alle Aufnahmen entstanden mit meiner Fuji GFX 50s und den Objektiven GF32-64mmF4 und GF120mmF4. Langzeitbelichtungen mit ND-Grad Filtern von Breakthrough. Bearbeitet mit Adobe Lightroom und Color Grading LUTs von Lutify.