Darauf war ich die letzten Jahre nie gekommen: Ein Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO löst mein Tele-Problem an der Fuji GFX-Kamera. Kopfschüttel! Doch der Reihe nach. Dank dem Kauf einer gebrauchten GFX50s bin ich seit Februar 2018 für Landschafts-Aufnahmen im digitalen Mittelformat unterwegs. Ein Format und eine Kamera mit der ich bestens zufrieden, gar begeistert bin. Die Bildqualität und die Dynamikreserven, gut erkennbar bei Aufnahmen von Himmel und Wolken, sind einfach atemberaubend und kaum zu toppen. Der Mittelformat-Sensor differenziert noch so kleine Helligkeitsunterschiede und zeichnet einzigartige Farbnuancen. Das kann man auf meinen Flickr-Bilder deutlich erkennen.
In Sachen Weit- und Normal-Winkelbereich bin ich seit dem Kamerakauf mit zwei Objektiven, dem GF23 und dem GF32-64 bestens ausgestattet. Das Fujinon GF120 als Makro-Objektiv im mittleren Tele-Bereich erweitert seit dem letztem Sommer meine Möglichkeiten auf kurze Distanzen und im Makro-Bereich. Ungelöst von Beginn an war die Anschaffung einer längeren Tele-Brennweite. Versuche mit KB-Brennweiten von Zeiss ergaben eine übermässige, in Lightroom nicht korrigierbare Vignettierung. Anschliessende Versuche mit einem Mamiya-Sekor C 150 mm waren unbefriedigend, die damit gemachten Bilder überzeugten nicht wirklich. Nach dem Kauf des GF120 erwies sich auch die Brennweiten-Abstufung als zu kurz.
Die naheliegende Lösung, der Kauf des Fujinon GF250 kam für mich nicht in Frage. Allein Abmessungen, Filterdurchmesser, Gewicht und der Listenpreis von CHF 3600.- schreckten mich ab. Für meine Art der Fotografie käme das Objektiv zu selten zum Einsatz und würde sich nie rechnen. Ganz zu schweigen, dass eine Anschaffung den Folgekauf eines grösseren Rucksacks nach sich ziehen würde.
Dann stiess ich zufällig auf diesen Bericht: Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO, dessen Inhalt und die längere Bilderstrecke mit Leica M10, Leica S und S2, Phase One DF und Mamiya ZD ich ausgiebig studierte. Das tönte fast zu gut um wahr zu sein. Also die einschlägigen Online-Portale besucht; in Japan gab es über Wochen immer wieder einige Angebote; viele davon aber abgerockt und unvollständig. Schliesslich konnte ich ein schön erhaltenes Exemplar mit Original-Caps und -Sonnenblende und einer hohen Serienummer zu einem aus meiner Sicht fairen Preis ersteigern. Einen passenden 2x-Teleconverter ergatterte ich in einem weiteren Angebot für wenig Geld.
Das Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO wurde für Mamiya M645 Filmkameras entwickelt und bis 2002 produziert. Mit passendem Adapter lässt es sich an so gut wie jede, heute auf dem Markt befindliche, Digitalkamera anschliessen. An einer Fuji GFX Mittelformat-Kamera hat das Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO eine Brennweite von ca. 158mm bei einem Bildwinkel von 20°, mit dem 2x-Teleconverter die doppelte, bzw. den halben Bildwinkel.
Das Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO ist solide gebaut und besteht komplett aus einer Magnesium-Legierung. Der Fokusring ist gut gedämpft und lässt sich fein bedienen. Der Blendenring rastet in 1-Stufen-Schritten ein. Die eingebaute, Streulicht-Blende lässt sich ausziehen und mit einer Drehung verriegeln. Zudem gibt es eine schraubbare Verlängerung die ich aber wohl selten benutzen werde. Die Abmessungen mit einem Durchmesser von 91mm, einer Länge von 143.5 mm und einem Gewicht von 1107 Gramm sind ähnlich dem GF120. Meine bestehenden Filtersets passen zum Filter-Durchmesser von 77 mm und erfordern keine zusätzlichen Teile.
Erste Konklusion: Ich bin zuversichtlich, dass das Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO den Tele-Bereich zu meiner Zufriedenheit erweitert. Schon jetzt mag ich dessen Haptik und die soliden Verarbeitung – so einfach ist das. Schärfe und Farben passen sehr gut zu den Fuji-Filmsimulationen; selbst die Ergebnisse mit dem 2x N Teleconverter sind ausgezeichnet wie erste Bilder belegen. Zudem passt dieses Objektiv mit einem kleinen Kompromiss in meinen bestehenden NYA-EVO- Rucksack. An meiner neuen GFX50s II arbeitet das Objektiv sehr schön mit dem IBIS zusammen. Aufnahmen aus der Hand sind so problemlos möglich; durch die Hand-Fokussierung natürlich etwas weniger komfortabel als mit Autofokus. Da ich aber meist mit Stativ arbeite, sehe ich das nicht als ein wirkliches Problem an.
Einziges Manko bis jetzt: Das Objektiv ist bedingt durch den Glasanteil im Frontbereich stark kopflastig und besitzt leider auch keinen Stativring. Da zeigt dann auch mein bewährter Kugelkopf BH-30 Schwächen; die Kombi aus Kamera und Objektiv rutscht nach dem Feststellen leicht nach. Das ist aber eine andere Baustelle an der ich schon länger arbeite.
Die Aufnahmen entstanden mit meiner Fuji GFX50s II und mit dem Objektiv Mamiya 645 f2.8 f200 mm APO, einzelne zusätzlich mit dem Teleconverter 2x N. Bearbeitet in Adobe Lightroom mit Filmsimulation Provia.