Rasseln, Scheppern und ein leichter Ruck wecken mich aus dem Tiefschlaf. Anlegegeräusche! Aha, die MS «Nordnorge» legt gerade in Harstad an. Gestern spät abends ging ich in Svolvær an Board für die Fahrt nach Tromsø. Und bezog meine Kabine auf Deck drei Steuerbord-Seite, ziemlich weit vorne. Ich war müde und schlief alsbald ein. Es ist nun kurz nach sieben Uhr; Frühstück und eine erste Runde auf dem Aussendeck fünf bei kühler Temperatur bringen die Lebensgeister zurück. Ich bin gespannt was der heutige Tag so alles bringen mag. Der Himmel ist bedeckt aber noch ist es trocken. Noch – denn die Wetter-App verspricht wenig Gutes: Regnerische Herbsttage in Tromsø scheinen mir sicher.
Bald nach dem Ablegen kreuzen wir die südwärts fahrende MS «Havila Castor» von Havila Kystruten, dem neuen Hurtigruten Wettbewerber. Noch sechs Stunden bis Tromsø wo das Schiff kurz nach 14 Uhr hinter der MS «Otto Sverdrup», der ehemaligen MS «Finnmarken», anlegen wird und ich wieder an Land gehen werde. Das erste Mal seit 2019 und ich freue mich wieder in der nordischen Stadt zu sein.
Die Wetterprognose liegt richtig: Schon bevor ich das Scandic Ishavshotel an seiner einzigartige Lage am Quai und Zentrum erreiche und einchecke, fallen erste Regentropfen. Noch kein Grund mit dem Fotoapparat nicht nach draussen zu gehen. Aber wie verbringt man als Fotograf bei diesen Aussichten drei Tage im regnerischen Tromsø? Abgesehen davon, dass man auch bei Regen, entsprechende Kleidung und wasserfestes Equipment vorausgesetzt, wunderbar fotografieren kann.
Zum Glück gibt es einige bemerkenswerte Museen und Plätze deren Besuch sich auch bei Schlechtwetter immer lohnt. So zum Beispiel das Polarmuseet, ein klassisches Heimatmuseum das in einem historischen rot gestrichenen Gebäude am Hafen untergebracht ist. Hier sehe ich Exponate zu den Polarexpeditionen zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts. Und zum traditionellen Wal- und Robbenfang als Teil der norwegischen Landeskultur. Im Rampenlicht stehen natürlich Roald Amundsen, der Teile seiner Polar-Expeditionen hier vor diesem Gebäude begonnen hat und Fridtjof Nansen, dem Zoologen und Polarforscher. Für mich ein tolles, informatives Museum, absolut sehenswert. Regnerische Herbsttage in Tromsø lassen sich hier beinahe vergessen.
Nahe auch das Polaria, das Zentrum für Klima- und Umweltforschung im hohen Norden, das Einblicke zur Forschung im hohen Norden und der Wechselwirkung zwischen Mensch und Klima in der Arktis vermittelt. Die MS Polstjerna, ein ehemaliges Segelschiff, ist zu meinem Leidwesen leider nicht zugänglich. Davor aber die sehr schöne Helmer Hanssen Skulptur, der Begleiter von Roald Amundsen bei dessen ersten Polarexpeditionen. Sehenswert auch das Science Center of Northern Norway und das Kunstmuseum.
Nicht zu vergessen: Die zahllosen Schiffe und Boote entlang dem Tromsø-Sund; die Quais für Kreuzfahrt- und Fischereihafen sind insgesamt über zwei Kilometer lang. Oder das Anlegen der nordwärts fahrenden Hurtigruten-Schiffe am neuen Hafenterminal, deren Manöver am Ende der alten Hafenmauer besonders gut zu beobachten und zu fotografieren sind. Genau wie die roten und gelben Holzhäuser die etwas rückwärts bei einem Bummel in der Altstadt zu sehen sind. Und leider immer mehr modernen Bauten weichen müssen.
Einzigartig die Tromsdalen-Kirche, auch bekannt als Ishavskatedralen, die arktische Kathedrale, die 1965 eingeweiht wurde. Sie ist ein berühmtes Wahrzeichen, das vom Tromsø-Sund und von der Tromsø-Brücke aus zu sehen ist. Die elf aluminiumbeschichteten Betonplatten auf jeder Seite des Daches geben der Kathedrale ihr unverkennbares Aussehen.
Oder das beliebteste Ausflugsziel in Tromsø: Das Fjellstua Café. Der Fjellheisen Cable Car bringt den Besucher hoch nach Storsteinen, dem lokalen Hausberg 421 Meter über dem Meeresspiegel gelegen. Die grosse Aussenterrasse bietet einen spektakulären Panoramablick auf Tromsø und eine schier endlose Aussicht auf Inseln, Fjorde, Berge und das offene Meer.
Regnerische Herbsttage in Tromsø können kalt und garstig sein. Gerade deshalb lohnt es sich das Wetter im Auge zu behalten, geduldig zu sein, seine Pläne wenn nötig umzustossen und anzupassen. So lassen sich auch bei regnerischen Tagen fast immer beeindruckende Aufnahmen erzielen. Einfach mit weniger Sonne .
Die Aufnahmen entstanden mit meiner Fuji GFX50s II und den Objektiven GF23mmF4, GF32-64mmF4 und GF120mmF4. Und dem iPhone 13 im RAW-Modus. Bearbeitet mit Adobe Lightroom und Color Grading LUTs von Lutify.
Quellen:
Wikpedia
Reiseportale zu Tromsø