Oslo, Norwegens Hauptstadt, wurde 1048 von König Harald Hardråde gegründet und entwickelte sich über Jahrhunderte zu einem wichtigen Handelszentrum. 1299 ernannte König Håkon V. Oslo zur Hauptstadt und liess den ersten königlichen Palast errichten. Nach dem Brand von 1624 baute König Christian IV. die Stadt als «Christiania» wieder auf. Erst 1925 kehrte Oslo zu seinem ursprünglichen Namen zurück, im Rahmen einer Bewegung nach der Unabhängigkeit von Schweden 1905.
Seit den späten 1960er Jahren hat der Ölreichtum aus der Nordsee Norwegens Wohlstand und die kulturelle Landschaft Oslos geprägt. In den letzten Jahrzehnten entstanden so bedeutende Kulturbauten wie die Osloer Oper (2008), das Munch-Museum (2021) und das Nationalmuseum (2022). Der neue Stadtteil Bjørvika, der zwei dieser Gebäude beherbergt, symbolisiert Norwegens Aufstieg zur modernen Wohlstandsnation.
Zeit also, etwas Zeit in Oslo, Skandinaviens ältester Hauptstadt zu verbringen und den kulturellen Einrichtungen zu folgen. Mitte August war es soweit.
Oslo die Kulturstadt
Mein Aufenthalt in Oslo beginnt mit einem Besuch des Opernhauses, dem grösstem norwegischen Kulturprojekt der Nachkriegszeit, das 2008 eröffnet wurde. Entworfen von Snøhetta, ist das Gebäude ein architektonisches Meisterwerk; das einem treibenden Eisberg nachempfundene Gebäude fügt sich harmonisch in den Stadtteil Bjørvika ein. Das Opernhaus verfügt über 1 100 Innenräume verteilt auf eine Fläche von 38 500 Quadratmetern und mitten drin die grosse Hauptbühne mit 1358 Sitzplätzen. Mit seiner geneigten Dachlandschaft, die zum Betreten einlädt, bietet es einen lohnenswerten Blick auf Stadt und Oslofjord.
Die Fassade des Gebäudes besteht zu 90 Prozent aus weissem Carrara-Marmor, der Rest aus norwegischem Granit. 36 000 individuell zugeschnittene und nummerierte Marmorplatten wurden für den Bau verlegt. Der Grundstein wurde 2004 gelegt, die Eröffnung erfolgte 2008 sechs Monate früher als geplant. Und oh Wunder, das Budget wurde eingehalten: 4 356 Mia. Norwegische Kronen, nach heutigem Kurs 346 Millionen Schweizer Franken, betrugen die Baukosten. Erstaunlich und selten in der heutigen Zeit.
Der Schrei – ikonisches Bild der Weltkunst
«Die Natur ist nicht nur das, was für das Auge sichtbar ist, sondern sie umfasst auch die inneren Bilder der Seele.» – Edvard Munch. Nicht erst seit 2004 mit dem spektakulären Diebstahl von «Der Schrei» und «Madonna» ist der Maler Edvard Munch auch hierzulande bekannt. Munch (1863–1944) war eine zentrale Figur des Expressionismus und thematisierte in seinen Arbeiten oft universelle menschliche Emotionen wie Angst, Liebe und Isolation. Also ein «Muss» für mich das angesagte MUNCH zu besuchen. Der auffällige Neubau steht neben der Osloer Oper. Im Sommer 2021 erfolgte der Umzug von Munchs Vermächtnis: 28 000 Gegenstände, darunter 1 200 Gemälde zogen in das neue Munch Museum mit 13 Geschossen auf über 26 000 m² Fläche um.
Nach soviel Kunst ist es an der Zeit die Stadt näher zu erkunden. Oslo zieht Besucher mit seinen grünen Parkanlagen, der Vielzahl von Museen und ungezählten Läden für ein Shopping-Vergnügen an. Direkt am Hauptbahnhof mit von Hotels gesäumten Vorplatz beginnt das berühmte Karl Johans Gate, ein schöner, geradeaus laufender Boulevard mit viel Grün. Man passiert als Besucher das Parlamentsgebäude, das Nationaltheater und die Universität aus dem 19. Jahrhundert. Folgt man der Karl Johans Gate weiter, endet der Boulevard am königlichen Schloss, das im 19. Jahrhundert erbaut wurde und mit seinen frei zugänglichen Parkanlagen und vielen Skulpturen zu einem ausgedehntem Spaziergang einlädt.
Am Hafen wartet das 1950 eröffnete Rathaus auf den Besucher. Es ist bekannt für seine charakteristische Architektur im skandinavischen Klassizismus und seine prächtigen Innenräume. Diese sind mit zahlreichen raumhohen Wandmalereien, Mosaiken und Skulpturen norwegischer Künstler und Künstlerinnen geschmückt. Das Osloer Rathaus ist zudem der Ort, an dem alljährlich die Verleihung des Friedensnobelpreises stattfindet.
Nationalmuseum, Kunstsammlung Norwegens
Vom Rathaus sind es nur wenige Schritte durch den Kronprinzessin Märtha Stadtgarten, eine kleine grüne Oase, zum nächsten Kultur-Highlight: Dem neuen Nationalmuseum für Kunst, Handwerk und Design, das seine Türen am 2022 öffnete. Es ist das grösste Museum in den nordischen Ländern und besteht aus den Sammlungen der ehemaligen Nationalgalerie, des Museums für zeitgenössische Kunst und des Norwegischen Museums für Kunsthandwerk und Design. Das neue Museum verfügt über eine Dauerausstellung mit etwa 6 500 Objekten und zeigt diese in über 80 Räumen auf zwei Stockwerken.
Im dunkelblauen Munch-Zimmer sind die berühmtesten Gemälde von Edvard Munch zu betrachten, darunter «Der Schrei» (1893) und «Madonna» (1894). Aber auch Werke von Vincent van Gogh, Claude Monet, Paul Gauguin, Auguste Renoir, Paul Cézanne, Henri Matisse, Pablo Picasso und viele andere hängen hier gut gesichert an der Wand.
Ode an das Leben: Skulpturenparks
Zwei Parks mit Skulpturen spendiere ich einen ganzen Tag. Morgens verbringe ich zwei Stunden im Ekebergparken, einem öffentlichen Skulpturen-Park mit viel Grün und altem Baumbestand, der sich auf dem Ekeberg oberhalb von Oslo befindet. Zu sehen sind hier 47 Skulpturen und Installationen von 43 verschiedenen Künstlern.
Das Tram Nummer 19 bringt mich zum Frogner Park, dem grössten Park im Zentrum von Oslo und beliebtes Erholungsgebiet für Gross und Klein. Hier befindet sich der einzigartige Vigeland-Skulpturenpark, das Lebenswerk des Bildhauers Gustav Vigeland (1869 – 1943), mit 212 Skulpturen in Bronze, Granit und Schmiedeeisen; eine der beliebtesten Attraktionen Oslos.
Der Grossteil der Skulpturen ist in fünf Gruppen auf einer 850 Meter langen Achse angeordnet: Dem Hauptportal, der Brücke mit dem Platz der Kinder, dem Springbrunnen, der Monolithhügel und dem Zirkel des Lebens. Am höchsten Punkt des Parks steht das alles überragende Highlight, der Monolith. Das massive Monument wurde aus einem einzigen Granitblock gehauen und wiegt mehrere hundert Tonnen. Aus dem 17 Meter hohen Monolithen wurden 121 menschliche Figuren herausgearbeitet, die ineinander verwoben in Richtung Himmel klettern. Ein Gipsmodell dazu betrachte ich im angrenzenden Vigelandmuseet, dem Museum das ganz dem Schaffen dieses grossen Künstlers gewidmet ist.
Akershus – Schloss und königliche Residenz
Für all die Besucher, die an norwegischer Geschichte interessiert sind, empfiehlt sich ein Besuch von Akershus. Im 13. Jahrhundert als beeindruckende Festung am Ende des Oslofjords erbaut, wurde sie 1637–1648 zum Renaissance-Schloss umgebaut und dient militärischen wie auch königlichen Zwecken. Im Südflügel des Schlosses befindet sich in der Krypta der Schlosskirche die letzte Ruhestätte der norwegischen Könige der Neuzeit. Zurzeit ruhen hier zwei Paare: Im weissen Marmorsarkophag König Haakon VII. (1872–1957) und Königin Maud (1869-1938). Im grünen Bronzesarkophag König Olav V. (1903–1991) und Kronprinzessin Märtha (1901-1954). Das königliche Schloss innerhalb der Festungsmauern ist heute offizielle Residenz des norwegischen Monarchen für Empfänge und festliche Anlässe.
Es lassen sich bei einem Kurzbesuch längst nicht alle Museen und Sehenswürdigkeiten in Oslo erkunden. Die Webseite visitoslo.com listet mehr als 100 davon auf. So ist mir nur eine kleine Auswahl vergönnt. Und last – but not least: Hervorragend Essen kann man in Oslo auch. Sei es gediegen im Norda, für Fleischliebhaber im Steakhouse Köd, gerne währschaft im Egon oder mediterran beim Italiener Olivia.
Mein Fazit: Ein Wochenaufenthalt in Oslo, Skandinaviens ältester Hauptstadt ist eine kulturelle Entdeckungsreise, die beeindruckende Museen, historische Stätten und lebendige Viertel umfasst. Von der Architektur des Opernhauses über die Skulpturen im Vigeland-Park bis hin zu den kulinarischen Köstlichkeiten bietet Oslo eine faszinierende Mischung aus Kunst, Geschichte und Genuss, die unvergessliche Erlebnisse schafft.
Oslo ist gut zu Fuss zu erkunden, Oslo ist freundlich, Oslo ist teuer, Oslo ist auf jeden Fall eine Alternative und eine Reise wert!
Die Aufnahmen entstanden mit der Fuji X100V und dem iPhone 13 im Apple RAW-Modus. Bearbeitet mit Adobe Lightroom und DXO Nik Collection.
Quellen:
Wikipedia
Museums-Webseiten
Eigene Notizen