Nach 1¼ Stunden Aufstieg auf einem schmalem Bergpfad von der Klausen-Passhöhe kommend stehe ich an einem frühen August-Vorabend am Nordrand des Griesslisee. Gegenüber liegt der Clariden-Gletscher, dessen mit Schutt bedecktes Eis bis in den See reicht. Ich stelle mein Stativ auf, befestige meine GFX 50s und blicke gespannt durch den Sucher.
Griesslisee? Bis vor wenigen Wochen habe ich den Namen noch nie gehört. Bin dann beim Surfen im Internet zufällig über einen Beitrag der Luzerner Zeitung gestolpert: «Gletschersee am Klausenpass sorgt für bange Stunden. In der Nacht auf Sonntag, 17. Juni 2019, ist der See am Fusse des Clariden-Gletschers auf die Grösse von 13 Fussballfeldern angeschwollen und schliesslich ausgelaufen. Nachdem alles glimpflich verlief, müssen nun längerfristige Massnahmen her. … Der Griesslisee hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten auf der Moräne des Clariden-Gletschers auf zirka 2000 Metern über Meer gebildet, sich jeweils im Frühling mit Schmelzwasser gefüllt und über den Fätschbach Richtung Urnerboden entleert, erklärt Stabschef Josef Schuler». AHA!
Vor einigen Tagen erhielt ich von photomundo eine Email. «FotoEvent, gestalterisch unterwegs – Griesslisee» Ein Fotokurs am Griesslisee? Erneutes AHAaaa – der See begann mich zu interessieren.
«Die Landschaft bietet unzählige gute Bildmotive. Es liegt am Fotografen, das Motiv und die Lichtstimmung kreativ zu speichern. Dabei ist der Inhalt nicht entscheidend, sondern die Form. Denn die Inszenierung ist die Hauptaufgabe des Fotografen». Und weiter: «Genau an diesem Punkt setzt der FotoEvent Gestalterisch unterwegs – Griesslisee an. Wir werden uns mit einer Landschaft intensiv auseinandersetzten und mit unterschiedlichen Perspektiven und Vordergründen experimentieren.» Der Text sprach mich und da es noch zwei freie Plätze gab meldete ich mich spontan an.
Wo aber liegt der Griesslisee? Die Apple Karten App zeigt an der vermuteten Stelle nur einen namenlosen See. Dito die Swiss Topo App. Google Maps sei Dank: Hier finde ich endlich den See, auf 2 098 Meter über Meer liegend. Er ist ein Gletschersee oberhalb der Klausen-Passhöhe, dem höchsten Punkt der Strassenverbindung zwischen den Kantonen Glarus und Uri, am Fusse des Clariden-Gletschers gelegen. Steil aufragend dahinter der 3 152 Meter hohe Clariden mit seiner Nordwand. Der See hat eine milchig-graue-bläuliche Farbe und wird von Gletscher, Moräne und Geröll eingerahmt.
Wie andere Gletscher auch bildet sich der Clariden-Gletscher Jahr für Jahr stetig zurück. Obwohl er eigentlich durch seine Lage in einer Nordwand geschützt wäre brechen immer wieder größere Teile des Gletschers ab und treiben im Sommer als Eisblöcke im See. Gespeist wird der Gletscher übrigens von den vielen Schneelawinen die sich im Winter in der Nordwand lösen. Im Winter friert der Griesslisee zu und taut ab Mai langsam wieder auf. Schneemassen im Ablauf wirken dann wie ein Wehr und führen dann zur eingangs erwähnten Gefahrenlage.
«Vor Ort beschäftigen wir uns mit dem <Sehen> und dem bewussten Erfassen einer speziellen Landschaft, um sie auf eine ungewöhnliche Art zu porträtieren.» Genau das tun wir eifrig, angeleitet von Foto-Guide Philipp Dubs, nur unterbrochen von einer kurzen Teepause. Wir geniessen den kurzen Unterbruch, fachsimpeln dabei zur Güte des Laowa 17mm f/4 Objektivs. Plötzlich ein lautes Knacken im Gletscher: Tatsächlich bricht nur Sekunden später beim Gletschertor eine Eisflanke ins Wasser ab. Die Wellen schmiegen sich bald darauf um die treibenden Eisstücke und lassen sie sanft hin und her wiegen.
Wir nutzen die «Blaue Stunde» voll aus und nehmen erst um 21:30 Uhr den Abstieg auf dem steilen Bergwanderweg unter die Füsse. Mittlerweile ist es dunkel – dank Stirnlampen steigen wir gefahrlos zur Klausen-Passhöhe ab.
Alle Aufnahmen entstanden mit meiner Fuji GFX 50s und den Objektiven GF32-64mmF4, GF23mmF4 und dem Laowa 17mm f/4. Alle Bilder ab Stativ, Langzeitbelichtungen mit ND-Grad Filtern von Breakthrough. Bearbeitet mit Adobe Lightroom unter Verwendung von LUTs von Lutify.
Quellen:
Einladungs-Email von photomundo
Bei meinen Recherchen gefunden: Mehr zum Klausenpass, Urnerboden und Griesslisee hier.
Lieber Philipp
Vielen Dank für das Lob; es waren trotz Wolken tolle Stunden.
Grüsse Walter
Lieber Walter
Danke für die Erwähnung in Deinem Beitrag zum Griesslisee. Und Gratulation zu den Bildern die mir sehr gut gefallen.
Herzlicher Gruss
Philipp